Note for my English readers: You will find an English version of this blog post under My SnapCon19 …
Meine Beobachtungen und Notizen zur Snap! Conference 22.-25.09.2019 in Heidelberg.
Vor ein paar Tagen fand die 1. internationale Tagung der Snap!-Community statt, eine kleine (etwa 70 TN), aber feine Konferenz, die wohl bewusst organisatorisch und inhaltlich an die Scratch-Konferenzen anknüpfte (siehe dazu meine Berichte zur Scratch2015 Amsterdam und zur Scratch2017 Bordeaux). Vergleichbar freundlich und anregend war denn auch das Tagungsklima. Darüber hinaus war sie für mich aber inhaltlich deutlich ertragreicher.
Es fällt mir schwer, Highlights hervorzuheben, denn mit wenigen Ausnahmen waren die Keynotes, Vorträge und Workshops, die ich besuchen konnte, für mich hochinteressant.
Den Einstieg in die Tagung bildete ein sehr persönlicher Rückblick von Cynthia Solomon auf 50 Jahre Logo. Wer in Amsterdam dabei war, kannte einiges, fand darin aber zusätzliche historische Bilder und Videos. Leider kam es nicht mehr zu einer Diskussion mit einem Brückenschlag zu den Charakteristiken der modernen Nachfolger Scratch und Snap!, durch die m.E. die wieder wachsende Popularisierung der Logo-Ideen erst möglich wurden.
Gleich zwei Keynotes stellten den Stand und die Perspektiven der Computer Science Education in den USA vor, Dan Garcia mit dem Schwerpunkt Beauty and Joy of Computing mit der Nutzung von Snap!, Cuny mit dem Schwerpunkt ComputerScience for All und den Fragen von Diversity und Inklusion (zugegeben, bei dem Sprechtempo der beiden sind mir sicher mit meinem etwas eingerosteten Englisch ein paar Details entgangen). Soweit ich die Diskussion um das Pflichtfach Informatik und den Digitalpakt in Deutschland verfolge, sind diese Projekte und Initiativen zielorientierter und weiter als das, was hierzulande praktiziert und geplant wird. Nebenbei bemerkt wäre es doch toll, es gäbe auch Kurse wie Beauty and Joy of Math, Beauty and Joy of Biology usw.!
Kein Wunder, dass auf einer Snap!-Konferenz sich gleich drei Beiträge mit den Entwicklungen bei der visuellen Programmierumgebung Snap! selbst beschäftigten: The Story of Snap!, What`s new in Snap! 5 und The Future of Snap!. Für mich beruhigend: die Entwicklung von Snap! bleibt dynamisch, ist offen für Vorschläge der Community und der Austausch in der Community wird gefördert. Es lohnt sich also in den Projekten und Collections zu stöbern, speziell der Sammlung der auf der Konferenz gezeigten Anwendungen.
Wieder mit hohem Sprechtempo ging es weiter bei Gary Stager, der eindrucksvoll zeigte, wie die Idee von Papert`s Mathland aktuell aussehen kann (siehe dazu auch scratchmathland). Sein Vortrag war gespickt mit Seitenhieben auf die Praxis des heutigen Mathe-Unterrichts (etwa den „Taschenrechner als Fortschritts-Illusion“).
Da es inzwischen eine Reihe für den Informatikunterricht relevanter visueller Programmierumgebungen gibt, hat Sebastian Claus den verdienstvollen Versuch unternommen, die zugrunde liegenden Programmierparadigmen zusammen- und gegenüberzustellen. An dem Workshop von Richard Millwood „How to compare jigsaw programming languages“ mit ähnlicher Zielsetzung konnte ich nicht teilnehmen (dazu Kurzinfos). Die beiden Ansätze sollten unbedingt zusammengeführt werden.
Bleiben noch meine Workshops zu erwähnen, in denen wirklich gearbeitet wurde! Sven Jatzlau und Tilman Michaeli stellten mit SnAIp ein Konzept vor, wie die Black Box des Maschinellen Lernens geöffnet werden kann. Beim Beispiel des Reinforcement Learning konnten wir die transparente Implementation in Snap! nachvollziehen. Faszinierend, sodass ich das unbedingt nacharbeiten muss!
Das gilt auch für Astronomical Image Processing von Eckart Modrow, denn seine DataSpriteLibrary eignet sich natürlich nicht nur für astronomische Bilder sondern auch für Kunstprojekte! Auch hier gilt, dass die Verarbeitung der (durchaus großen) Datenmengen transparent erfolgt und nachvollzogen werden kann.
Mit MicroBlocks muss ich mich unbedingt einer weiteren Ergänzung der Snap!-Familie widmen. Den Microcontroller dazu habe ich mir schon besorgt. Nun brauche ich nur etwas Muße, mir dieses neue Anwendungsfeld anzueigenen und für Multimedia-Installationen nutzbar zu machen! Im Workshop von Ferrandíz, Guillén & Moreno gelang es uns immerhin in zehn Minuten unter Nutzung des Lichtsensors eine Art Theremin zu basteln. Das hat mich überzeugt!
Bleibt anzumerken, das ich mich mit meinem Vortrag „Programming for All!“ ein wenig exotisch gefühlt habe, weil ich ja kein schulisches oder universitäres Projekt durchführe, sondern nur mit einigen älteren Personen anhand interessanter Computergrafiken (Computerkunst bzw. optische Täuschungen) den Einstieg in die Programmierung versuche. Immerhin, die dabei entstehenden Artefakte fanden großen Anklang, auch bei der Abendveranstaltung, wo einige Beispiele ausgestellt wurden.
Schnell war die Tagung wieder rum. Mein Gesamteindruck? Mit Anreise am Sonntag – und eigentlich erst Donnerstag wieder Abreise – war die Tagung ungewöhnlich lang. Am Montag das erste gemeinsame Abendessen. Die Night Lectures fanden zum Glück erst nach dem Essen statt (bei Cynthias Keynote am Abend zuvor knurrte nicht nur mir der Magen …). Sie waren durchgehend kurz, prägnant, oft ziemlich lustig und damit rundum gelungen. Joek machte Werbung für mein Buch „Codierte Kunst“, Ralf hatte die lustigste Folie des Abends und Jadga & Jens rockten den Saal mit einem frechen Abschlusslied. Ich musste leider schon am Mittwoch abreisen und versäumte dadurch das Conference-Dinner, das – auch eher unüblich – erst am Abschlussabend stattfand.
Insgesamt war ich beeindruckt von der Vielfalt der Themen und der Qualität der Beiträge. Das inhaltliche Niveau hängt sicher auch damit zusammen, dass sich mit Snap! eben sehr anspruchsvolle Anwendungen realisieren lassen.
Den Veranstaltern möchte ich herzlich danken für das gelungene Umfeld. Es bleibt zu hoffen, dass die Snap!-Community auch zukünftig Gelegenheit erhält, sich in vergleichbarem Rahmen zu treffen und auszutauschen. Snap! rulez!
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