Tagungsbericht: Digitale Archivierung

Am 14.11.2014 konnte ich in Karlsruhe am ZAK/CODIGT (Zentrum für Angewandte Kulturwissenschaft, Center of Digital Tradition) an der Tagung Digitale Archivierung – Auftrag und Umsetzungsstrategien teilnehmen. Für mein bescheidenes privates Projekt SoftewareMuseum bekam ich die Möglichkeit, mein Vorhaben theoretisch und methodisch in aktuelle Entwicklungen einzuordnen und  jede Menge Anregungen und praktische Tipps für mein weiteres Vorgehen.

Zumindest die Frage, welche Digitalia als archivierungswürdige Kulturgüter bezeichnet werden müssen, habe ich für mich im Falle der Lernsoftware positiv beantwortet, spiegeln deren Vertreter doch zeitgebundene lerntheoretische Positionen, gestaltungsmäßige Paradigmen und z.T. durchaus auch das Ausloten technischer Möglichkeiten im Lehr-/Lernkontext wider. Den Archivaren fühle im mich insofern nahe, weil sie ja großteils bestimmen, was bewahrenswert ist. Zwar gilt es für sie, manche gesetzliche Regelungen zu beachten, aber, wie ein Redner betonte, besteht ihre Tätigkeit weniger im Aufbewahren, denn im Aussortieren (sozusagen eine archivarische Kernkompetenz). Auch ich habe meine Sammlung von ursprünglich ca. 1.200 Objekten auf derzeit ca. 500 Objekte reduziert (nicht zuletzt bedingt durch schieren Platzmangel). Ich habe dabei versucht, dem Grundsatz zu folgen, einerseits Zeittypisches, andererseits Besonderes und Herausragendes zu bewahren.

In der einleitenden Keynote sprach Jon Ippolito über Wagging the Long Tail of Digital Preservation. Sein Hauptpunkt war die Erhaltung neuer Medienkunst – u.a. mit der verständlichen Sicht damit befasster Museen, dass „we cannot all become museums of computer hardware“, die nun mal eigentlich Voraussetzung zur Präsentation entsprechender Objekte darstellt. Deren Emulation ist wohl die beste Ersatzlösung und dafür zeigte er schöne Beispiele:

Auch Dragan Espenschied brachte solche Beispiele, die bei Rhizome zu finden sind (er hat sie in einem Etherpad gesammelt). Er wies auf die Problematik gerade bei sozialen Medien hin, dass praktisch keine punktuellen Abbilder gezogen werden können (so ja das Prinzip beim Internet Archive), sondern nur individuelle Nutzungsprozesse dokumentierbar sind. Rhizome greift u.a. auf offene Emulatoren zurück, mit denen digitale Artefakte online ablauffähig sind (besonders gefällt mir das HyperCard-Beispiel: Vilém Flusser: Schreiben für Publizieren).

Jens-Martin Loebels Vortrag zur Digitalen Langzeitarchivierung war praktisch ein Schnelldurchlauf durch seine Dissertation (siehe dazu meine Rezension), angereichert um einige Bildbeispiele und vor allem eine Live-Demo des visuellen 6502-Simulators. Der zeigt allerdings eindrücklich, dass diese Genauigkeitsstufe (aus Laufzeit- und ökonomischen Gründen) nur zur Visualisierung der Funktionsweise des Chips und nicht für den Ablauf konkreter Anwendungen geeignet ist. Ein für Gedächtnisorganisationen Problem hat Loebel auch benannt: Wer entscheidet eigentlich darüber, was bewahrt wird? Momentan sind es praktisch die Macher der Emulatoren und die kommen überwiegend aus der Gamer-Szene …

Von den restlichen Vorträgen möchte ich nur noch Jens Ohlig erwähnen mit Wikidata – der freien Wissensdatenbank. Damit sollen bestimmte allgemeingültige Daten als gemeinsame Quelle für Wikimedia-Projekte bereit gestellt werden.

Es ist zu hoffen, dass das ZAK die Beiträge zeitnah in einer weiteren frei verfügbaren Publikation vorlegen wird.

Hinweis: Vom ZAK liegen bereits zwei themenrelevante Sammelbände vor, die sich im weiteren Sinne auch mit der her behandelten Thematik befassen und die zum Herunterladen bereit stehen:

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